QRS-Komplex

Der QRS-Komplex (Kammer-Komplex) entspricht der Erregungsausbreitung in beiden Ventrikeln. Zunächst wir das Septum erregt. Es folgen die spitzennahe Anteile der Kammern und die freie Wand beider Ventrikel. Zuletzt werden die diaphragmalen und die basalen Anteile der Kammern erregt. Die Erregung beginn endokardial und schreitet nach epikardial fort. Wegen der größeren Muskelmasse dominiert die elektrische Aktivität des linken gegenüber der des rechten Ventrikels.

EKG

Der erste negative Ausschlag des QRS-Komplexes wird als Q-Zacke (Septumdepolarisation von links nach rechts) bezeichnet und kann fehlen. Positive Ausschläge werden R-Zacken genannt. Der bei Aufsplitterung des QRS-Komplexes der initialen R-Zacke ggf. nachfolgende zweite kleine R-Zacke wird als r' bezeichnet. Der einer R-Zacke folgende negative Ausschlag erhält die Bezeichnung S-Zacke. Das Ende der S-Zacke, d. h. den Übergang vom QRS-Komplex zur ST-Strecke bildet der J-Punkt. 

 

Gemessen wird vom Beginn der Q(R)-Zacke bis zum Ende der S-Zacke. Entweder in Ableitung II oder, bei synchroner Registrierung von mehreren Extremitätenableitungen vom frühesten Beginn bis zum spätesten Ende. Bezugspunkt für die Amplitudenmessung ist die isoelektrische Linie.  Die Bestimmung des J-Punktes kann im Einzelfall schwerfallen. Die Amplitude des QRS-Komplexes ist von zahlreichen Faktoren abhängig (Alter, linksventrikuläre Masse etc.).

QRS-Komplex Nomenklatur

Abb.: Normenklatur unterschiedlicher QRS-Morphologien.  Bei einem großen Ausschlag werden große Buchstaben benutzt, bei einem kleinen Ausschlag kleine Buchstaben. 

Normaler QRS-Komplex

Folgende Befunde kennzeichnen einen normalen QRS-Komplex

  • Dauer: ≤110 ms (bei KIndern unter 4 Jahren <90 ms, bei einem Alter von 4 bis 16 Jahren ≤100 ms)
  • Amplitude: mindestens 1 mV in den Extremitätenableitungen und 2-3 mV in den Brustwandableitungen mit überwiegendem R
  • Morphologie: geringfügige Kerbungen in Ableitung II, III oder im Übergangsbereich in den Brustwandableitungen sind eine Normvariante.
QRS-Komplex Nomenklatur

Abb.: Normale QRS-Komplexe. Benennung der unterschiedlichen Anteile des QRS-Komplexes und der QRS-Komplex-Konfigurationen. Angabe der Dauer des QRS-Komplexes in Ableitung II in Sekunden bei manueller Bestimmung und in Millisekunden bei automatischer Messung (Kasten). In diesem Fall ergibt sich kein Unterschied in den Messwerten. Auch der J-Punkt ist markiert. In Ableitung III ergibt sich ein bogenförmiger Übergang das absteigenden Schenkels der R-Zacke in die ST-Strecke (engl. slurring of QRS). 

Q-Zacken

Die Dauer normaler Q-Zacken beträgt maximal 30 ms. Abnorme Q-Zacken können ein Hinweis auf einen durchgemachten Myokardinfarkt sein (Nekrosezeichen). Die Tabelle gibt Auskunft über die Dauer normaler Q-Zacken. Die Amplitude sollte in den Extremitätenableitungen nicht mehr als 25% der Ausschlaghöhe  des höchsten R in diesen Ableitungen betragen. 

Tab.: Normalwerte für die Dauer der Q-Zacke. 

Extremitätenableitungen

 

Brustwandableitungen

 

Ableitung

Oberer Grenzwert (ms)

Ableitung

Oberer Grenzwert (ms)

I

30

V1

Jedes Q

II

30

V2

Jedes Q

III

Keine

V3

Jedes Q

aVR

Keine

V4

20

aVL

30

V5

30

aVF

30

V6

30

Verminderte R-Amplituden - Niedervoltage

Bei R-Amplituden von <0,5 mV in den Extremitätenableitungen und <0,7 mV in den Brustwandableitungen wird von einer peripheren bzw. zentralen Niedervoltage gesprochen. Als kardiale Ursachen kommen schwere Myokardschädigungen, durch z. B. infiltrative Veränderungen, und ein bedeutsamer Perikarderguß in Frage. Zu den extrakardialen Ursachen zählen u. a. Pneumonien, ein Lungenemphysem, Mangelernährung etc. Niedrige QRS-Amplituden können auch ein Artefakt sein. 

EKG Niedervoltage

Abb.: 31-jährige Frau mit peripherer und zentraler Niedervoltage. Ursache unklar. SISIISIII-Typ. Schreibgeschwindigkeit 50 mm/s.

R/S-Umschlag in den Brustwandableitungen

Die bei Erwachsenen in den Brustwandableitungen sichtbare kontinuierliche Zunahme der R-Amplitude (von V1 nach V6) wird als R-Progression bezeichnet. Erfolgt der R-Zuwachs verzögert liegt eine mangelhafte R-Progression vor. Der Bereich, in dem R größer als S wird, nennt man Umschlagzone (normalerweise ein V3/V4). Wenn bis V6 eine tiefe S-Zacke verbleibt, wird von einer S-Persistenz gesprochen. 

Weitere Besonderheiten des QRS-Komplexes

Ein wichtiger Aspekt der Analyse des QRS-Komplexes ist seine Morphologie. Bei der Diagnostik von Schenkelblockierungen ist die QRS-Morphologie diagnostisch wegweisend. Ein früher Anstieg des QRS-Komplexes mit verkürzter PQ-Intervalldauer findet sich bei ventrikulärer Präexzitation und ventrikulärer Hypertrophie. Formunregelmäßigkeiten wie etwa Aufsplitterungen und Kerbungen des QRS-Komplexes sind relativ häufig und können auf eine diffuse intraventrikuläre Leitungsstörung hinweisen. In den Ableitungen III und V3/V4 sind Kerbungen allerdings physiologisch. Formveränderungen, die selektiv den absteigenden Schenkel des QRS-Komplexes betreffen, sind das so genannte Notching (Kerbungen) und das Slurring (bogenförmiger Übergang). Solche Veränderungen finden sich bei früher Repolarisation

Differenzialdiagnosen

Es ergibt sich eine relativ breite Palette an Differenzialdiagnosen, die bei Veränderungen der QRS-Morphologie in Betracht gezogen werden müssen:

Literatur