EKG bei COVID-19 (Coronavirus Disease 2019)

Auf einen Blick

Es gibt keine für COVID-19 spezifischen EKG-Veränderungen. Beobachtet werden in erster Linie ST-Streckenveränderungen und T-Wellen-Negativierungen. Bei der Entstehung der EKG-Veränderungen dürften systemische Effekte und direkte kardiale Effekte der akuten Infektion und akute und chronische kardiale Ko-Morbiditäten eine wichtige Rolle spielen. Die Neigung zu Rhythmusstörungen (z. B. Vorhofflimmern) nimmt zu, wie auch bei anderen akuten bakteriellen und viralen Infektionen.

Der klinische Verlauf von COVID-19 (einer Infektion mit SARS-CoV-2) ist sehr variabel. Bei schweren Verläufen kommt es, ähnlich wie bei anderen schweren bakteriellen und viralen Erkrankungen, zu einer umfassenden und ausgeprägten Beeinflussung des kardiovaskulären Systems. Systemische Effekte (z. B. die Freisetzung inflammatorischer Proteine und Hypoxämien) und direkte kardiale Effekte scheinen hierbei eine Rolle zu spielen. Kardiovaskuläre Begleiterkrankungen sind ein Risikofaktor für einen ungünstigen Verlauf. In Einzelfällen kann es zu einer schweren, fulminant verlaufenden Myokarditis kommen. Auch nach Impfungen wurden Myokarditiden beobachtet, die allerdings meistens blande verlaufen.

EKG

Bei Patienten, die wegen COVID-19 stationär behandelt werden, finden sich in über 90% der Fälle EKG-Veränderungen (Chen et al. 2020).

Ende 2020 wurde eine systematische Übersicht publiziert, die Artikel zusammenfasst, die über EKG-Befunde bei Patienten mit COVID-19 berichten (Mehraeen et al. 2020). Zu den im Rahmen der Infektion mit SARS-Cov-2 zu beobachtenden EKG-Veränderungen gehören

  • bezogen auf die betroffenen Ableitungen diffuse oder lokalisierte ST-Hebungen von meistens mildem Ausmaß und
  • T-Wellen-Inversionen und ST-Streckensenkungen.

Das letztendlich vielfältige EKG-Bild hat Ähnlichkeit mit dem, wie es bei einer akuten Myokarditis zu beobachten ist. Die Anzahl an Fällen, die die klassischen Kriterien für das Vorliegen einer Myokarditis erfüllten, war in den analysierten Untersuchungen aber niedrig. Vermutlich muss bei COVID-19 (wie wahrscheinlich auch bei anderen schweren viralen Infektionen) zwischen einer klassischen Myokarditis und kardialen Begleiteffekten, wie sie sich z. B. relativ oft im kardialen MRT zeigen, unterschieden werden.

 

In Einzelfällen wurden neue tief-negative TU-Wellen in den Brustwandableitungen beschrieben, wie sie auch in Zusammenhang mit einer Takotsubo-Kardiomyopathie beobachtet werden können.

 

Studien, die eine QTc-Verlängerung beobachteten, führen diese in erster Linie auf eine medikamentöse Behandlung mit repolarisationsverlängernden Pharma zurück. Zu den Medikamenten, die involviert waren, gehörten Chloroquin, Hydroxychloroquin und Azithromycin.

 

Auch über Brugada-typische Veränderungen in Zusammenhang wurde berichtet. Diese sind leicht dadurch erklärbar, dass Fieber die typischen EKG-Veränderungen bei Brugada-Syndrom stärker hervortreten lässt. Ein direkter Zusammenhang mit der COVID-19-Infektion ist unwahrscheinlich.

 

In Einzelfällen wurden atrioventrikuläre Leitungsstörungen und das neue Auftreten von Schenkelblockierungen berichtet.

Vorbestehende und/oder im Rahmen von COVID-19 neu auftretende (kardiovaskuläre) Erkrankungen und Veränderungen (z. B. Elektrolytstörungen) beeinflussen das EKG-Bild.

Arrhythmien

Infektionen mit SARS-CoV-2 begünstigen das Neuauftreten von Vorhofflimmern. Nicht immer ist die Rhythmusstörung wirklich neu und die Patienten haben bereits zuvor subklinische oder wenig symptomatische Episoden gehabt. Patienten mit bekanntem paroxysmalem Vorhofflimmern scheinen gehäuft Arrhythmieereignisse zu entwickeln, die in dieser Situation dann nicht selten auch anhalten.  Die Häufung von Vorhofflimmern und anderen atrialen Arrhythmien (atrialen Extrasystolen, nicht-anhaltenden atrialen Tachykardien) wundert nicht, sie lässt sich bei allen bedeutsamen inflammatorischen Zuständen (d. h. bei anderen infektiösen Erkrankungen) beobachten. In Einzelfällen, insbesondere bei älteren Menschen, kann Vorhofflimmern auch einige Tage nach einer Impfung auftreten.

 

Ventrikuläre Tachyarrhythmien sind selten und treten in der Regel nur bei einem sehr schweren Krankheitsverlauf auf. Sinustachykardien sind erwartungsgemäß ausgesprochen häufig; sie stellen in dieser Situation keine eigentliche Rhythmusstörungen dar, sondern sind Spiegelbild der Infektion und somit als eine physiologische Reaktion (auf z. B. Fieber) zu werten.

Klinische Bedeutung des EKGs bei COVID-19

Das EKG gehört mit zur Standard-Diagnostik bei einer COVID-19. EKG-Veränderungen sind ausgesprochen häufig, vor allem in den ersten Tagen nach der klinischen Manifestation der Infektion (>90% bei stationären Patienten). Auch die Arrhythmieneigung nimmt zu. Im Vordergrund steht Vorhofflimmern. Die EKG-Veränderungen und Rhythmusstörungen können auf eine klassische Myokarditis hinweisen. Blande verlaufende Myokardbeteiligungen sind vermutlich relativ häufig. 

Die in Zusammenhang mit einer COVID-19 auftretenden EKG-Veränderungen sind nicht spezifisch für die Erkrankung. Art und Ausmaß der EKG-Veränderungen und neu auftretende Arrhythmien korrelieren mit einem schwereren Krankheitsverlauf.

Literatur

  • Mehraeen E, Seyed Alinaghi SA, Nowroozi A, et al. A systematic review of ECG findings in patients with COVID-19. Indian Heart J 2020; 72: 500-507.
  •  Arian M, Valinejadi A, Vakilian F. Comparing of the First Electrocardiographic Variables in Patients with Newly Diagnosed COVID-19 with Healthy Men Volunteer: A Systematic Review and Meta-Analysis. Iran J Public Health. 2021; 50: 46-57. 
  • Garcia-Zamora S, Lee S, Haseeb S, et al. Arrhythmias and electrocardiographic findings in Coronavirus disease 2019: A systematic review and meta-analysis. Pacing Clin Electrophysiol 2021;44(6):1062-1074.
  • Bertini M, Ferrari R, Guardigli G, et al. Electrocardiographic features of 431 consecutive, critically ill COVID-19 patients: an insight into the mechanisms of cardiac involvement. Europace. 2020; 22: 1848-1854.
  • Chen J, Chen S, Li Z, et al. Role of electrocardiograms in assessment of severity and analysis of the characteristics of ST elevation in acute myocarditis: A two-centre study. Exp Ther Med 2020; 20: 20.

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