Die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) ist durch eine vorwiegend septumbetonte Hypertrophie des linken und/oder rechten Ventrikels gekennzeichnet. In etwa 60–70 % der Fälle liegt eine Obstruktion des Ausflusstrakts mit einem systolischen Druckgradienten vor – entweder bereits in Ruhe oder erst unter Belastung. Seltener tritt eine apikal betonte Hypertrophie auf.
Die HCM ist genetisch bedingt. Betroffen sind Gene, die für Proteine des kontraktilen Apparats des Myokards kodieren. Histologisch zeigt das hypertrophierte Myokard eine desorganisierte Anordnung der Herzmuskelfasern mit atypischen Verzweigungen (sog. myocardial disarray) sowie eine vermehrte Fibrosierung. Diese strukturellen Veränderungen gelten als Ursache für die häufig auftretenden ventrikulären Tachyarrhythmien.
Die HCM ist eine der häufigeren Ursachen für plötzliche Herztodesfälle bei jungen Menschen, insbesondere bei Sportlern. Die systolische linksventrikuläre Funktion bleibt meist bis in späte Krankheitsstadien erhalten.
EKG
Bei den meisten Patientinnen und Patienten mit HCM finden sich EKG-Veränderungen, die auf eine linksventrikuläre Hypertrophie hinweisen. Typischerweise zeigt sich eine Kombination folgender Merkmale:
Hypervoltage mit positiven Hypertrophie-Indizes (z. B. positiver Sokolow-Lyon-Index),
Tief präterminal negative und breitbasig konfigurierte T-Wellen,
Tiefnegative Q-Zacken in mehreren Ableitungen, sogenannte Pseudo-Infarkt-Q-Zacken.
Zusätzlich können folgende Veränderungen beobachtet werden:
Eine Linksabweichung der QRS-Achse ist häufig,
Ein kompletter Linksschenkelblock tritt seltener auf.
Bei der apikalen Form der HCM sind besonders spitzwinklige, tiefnegative T-Wellen in den linkspräkordialen Ableitungen (V4–V6) charakteristisch.
Ein völlig unauffälliges EKG ist zwar selten, schließt eine HCM jedoch nicht aus. In solchen Fällen handelt es sich meist um eine milde Ausprägung der Erkrankung.
Abb.: 59-jähriger Mann mit HCM. Die EKG-Veränderungen sind pathognomonisch. In V1 zeigt sich eine „Pseudo-Infarkt-Q-Zacke“. Die Obstruktion lag midventrikulär. Bei der apikalen Form der HCM würde man eine maxiamel Ausprägung der tiefnegativen T-Wellen in V5 und V6 erwarten.
Abb.: 55-jähriger Patient mit HOCM. Links: vor transkutaner Ablation der Septumhypertrophie (TASH), rechts nach TASH (1 Tag später). CKmax 700 U/l. Die ST-Hebungen in V1- bis V3 vor TASH sind nicht Ausdruck einer Ischämie. Nach TASH zeigt sich eine typische ST-Hebung in V1 und V2. Im Rahmen der Intervention neu entstandener Rechtsschenkelblock (die QRS-Dauer hat von 100 ms auf 140 ms zugenommen). Nach TASH stärker ausgeprägte Linksabweichung der QRS-Achse.
Abb.: 57-jähriger Patient mit einer hypertrophen Kardiomyopathie mit apikal lokalisierter Hypertrophie (apikale HCM). Typisch sind tief-negative T-Wellen linkspräkordial. Linsk: Extremitätenableitungen, 50 mm/s; Mitte: Brustwandableitungen, 50 m/s; Rechts: 12-Kanal-EKG, 25 mmHg.
Spontane Arrhythmien
Bei Patientinnen und Patienten mit HCM besteht eine deutlich erhöhte Neigung zu Rhythmusstörungen. Während nicht-anhaltende Kammertachykardien (nsVT) relativ häufig auftreten – sie werden bei etwa 25 % der Betroffenen nachgewiesen –, sind anhaltende Kammertachykardien vergleichsweise selten dokumentiert.
Ein Langzeit-EKG über mindestens 48 Stunden gehört zu den Basisuntersuchungen bei HCM, da sich Arrhythmien aufgrund ihrer hohen Spontanvariabilität nur durch längerfristiges Monitoring zuverlässig erfassen lassen.
Die HCM zählt zu den häufigsten Ursachen für plötzliche Herztodesfälle bei jungen Menschen, insbesondere bei Sportlern. Als zugrunde liegendes Arrhythmiesubstrat gelten die im hypertrophierten Myokard chaotisch angeordneten Herzmuskelfasern (myocardial disarray), häufig begleitet von Myokardfibrose.
Auch Vorhofflimmern und andere atriale Tachyarrhythmien treten bei HCM gehäuft auf. Das erstmalige Auftreten von Vorhofflimmern kann dabei ein Hinweis auf eine Krankheitsprogression sein.
Abb.: 71-jährige Patienten mit HOCM. Anhaltende Kammertachykardie (137/min). Negative QRS-Komplexe in den Einthovenableitungen (Nord-West-Achse von QRS, "no man´s land"). Rechtsschenkelblock.
Plötzlichen Herztod: Kalkulation des Risikos
Die HCM ist eine der häufigsten Ursachen für plötzliche Todesfälle in jungem Lebensalter. Bei allen betroffenen muss diesbezüglich eine Risikostratifizierung erfolgen. Im Internet ist ein Kalkulator verfügbar, mit dessen Hilfe sich das Risiko für das Auftreten eines plötzlichen Herztodes berechnen bzw. abschätzen lässt (Abb.). Zu den klassischen Risikofaktoren gehören unter anderem nicht-anhaltende Kammertachykardien und der familiäre plötzliche Herztod. Die Bedeutung neuer Parameter (z. B. Fibrose in der Magnet-Resonanz-Tomographie) für die Risikostartifizierung ist Gegenstand aktueller Diskussionen und Untersuchungen.
Abb.: Internat-basierter Kalkulator zur Bestimmung des Risikos bei Vorliegen einer hypertrophen Kardiomyopathie innerhalb der nächsten 5 Jahre an einem plötzlichen Herztod zu versterben.
Abgafragt werden konventionelle und relativ neue Risikofaktopren für ein plötzliches Versterben bei HCM.
Diagnostische Wertigkeit des EKGs und Differenzialdiagnosen
Die meisten Patienten mit bedeutsamer Hypertrophie weisen auch EKG-Veränderungen auf. Insofern ist das EKG bei HCM ein sehr sensitives diagnostisches Verfahren. Die
Spezifität ist eingeschränkt, andere Ursachen für die auftretenden EKG-Veränderungen müssen abgeklärt werden. Das EKG gehört, zusammen mit der Echokardiographie, zu den im Rahmen eines
Familienscreenings durchgeführten Basisuntersuchungen. Zu den wesentlichen Differenzialdiagnosen gehören die arterielle Hypertonie und myokardiale
Speichererkrankungen (z. B. Morbus Fabry). An letztere sollte insbesondere dann gedacht werden, wenn eine
periphere Niedervoltage vorliegt.
Literatur (frei zugänglich im Internet)
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