EKG-Veränderungen bei fortgeschrittener Hypothermie
Die bei therapeutischer Hypothermie zu beobachtenden EKG-Veränderungen treten bei fortgeschrittener Unterkühlung verstärkt auf. Dies gilt auch für Bradykardien und andere Arrhythmien.
EKG
Das QTc-Intervall kann bei fortgeschrittener Hypothermie exzessiv 500 ms verlängert sein (EKG-Beispiel unten). Die Amplitude von Osborne-Wellen kann 2 mV überschreiten. Sie finden sich vor allem in den Ableitungen I, II und V4-V6.
Abb.: Ausgeprägte Osborne-Welle (Pfeile) bei schwerer Hypothermie (Ableitung V3). Die Welle ähnelt einer J-Welle, wie sie auch bei früher Repolarisation zu finden ist. Die Veränderungen sind aber hinsichtlich ihrer Amplitude und Breite bei schwerer Hypothermie deutlich stärker ausgeprägt. Im Rahmen der Wiederaufwärmung bilden sich Osborne-Wellen meistens vollständig zurück. Einen unabhängigen prognostischen Faktor stellen Osborne-Wellen nicht dar.
Abb.: Schwere Hypothermie. 75-jähriger Obdachloser, der - noch bei Bewusstsein - auf einer Parkbank aufgefunden wurde (Außentemperatur 4°). Initiale Körpertemperatur 23°, zum Zeitpunkt der EKG-Registrierung 26°. Herzfrequenz 36 /min. QT-Intervalldauer 800 ms. In den Brustwandableitungen zeigen sich deutliche Osborne-Wellen (Pfeile), die parallel zur Aufwärmung verschwanden. Freundlicherweise zur Verfügung gestellt : Prof. C. Storm, Charité, Berlin.
Arrhythmien
Ausgeprägte Bradykardien (unter Umständen komplette AV-Blockierungen) können eine elektrische Stimulation notwendig machen. Die Reizschwelle ist oft erhöht. Bei tiefen Körperkerntemperaturen (< 30°) tritt gehäuft Vorhofflimmern auf. Kammerflimmern, dass in eine Asystolie übergeht, stellt nicht selten das terminale Ereignis dar. Bei diesen niedrigen Temperaturen nimmt die Erfolgsrate der elektrischen Defibrillation ab.
Differenzialdiagnosen
Siehe therapeutische Hypothermie. Eine Serum-Hypokaliämie kann die EKG-Veränderungen verstärken und muss unbedingt durch Substitution ausgeglichen werden. Die EKG-Veränderungen können auch Infarkt-ähnliche EKG-Bilder oder ein EKG wie bei Perimyokarditis verursachen. Bei schwerer Hypokalziämie kann die verkürzte ST-Strecke eine Osborne-Welle vortäuschen.
Literatur
- Maruyama M, Kobayashi Y, Kodani E, et al. Osborn Waves: History and Significance. Indian Pacing and Electrophysiology Journal 2004;4(1):33-39.
Links
- Dr. Smith´s ECG blog. Osborne waves and hypothermia.