EKG bei Elektrolytstörungen

Berücksichtigt man, dass dielektrische Aktivität des Herzens (das Ruhemembranpotenzial und das Aktionspotenzial) auf unterschiedlichen transmembranären Elektrolytkonzentrationen basiert, so wundert es nicht, das Störungen der normalen Elektolytkonzentrationen zu EKG-Veränderungen führen können. Von besonderer Bedeutung sind Störungen 

Veränderungen der Kalium-Serumkonzentration

Eine Verminderung der extrazellulären Kaliumkonzentration führt zu einer Hyperpolarisation der Zelle und zur Verlängerung der Aktionspotentialdauer. Die Anstiegsgeschwindigkeit des schnellen Aktionspotentials wird gesteigert. Bei hochgradiger Verminderung der extrazellulären Kaliumkonzentration kann jedoch – auch bei normalem Ruhemembranpotential – eine Verlangsamung der Anstiegsgeschwindigkeit eintreten.

 

Klinische Beispiele für arrhythmogene Wirkungen der Hypokaliämie sind

  • die Begünstigung bzw. Verstärkung von durch Digitalis induzierter tachykarder Rhythmusstörungen
  • das gehäufte Vorkommen von „Torsade de pointes“ bei Hypokaliämie
  • die erfolgreiche Beseitigung dieser Arrhythmie durch Kaliumsubstitution
  • das gehäufte Auftreten von Kammerflimmern in den ersten Stunden einer akuten transmuralen Myokardischämie bzw. eines beginnenden Myokardinfarkts bei Erniedrigung der Kaliumkonzentration im Serum.

Eine aus einer Zunahme der extrazellulären Kaliumkonzentration resultierende Hyperkaliämie bewirkt eine Verschiebung des Ruhepotentials zu mehr positiven Werten. Hieraus resultiert eine Abnahme der Anstiegsgeschwindigkeit des Aktionspotentials, eine Verkürzung der Aktionspotentialdauer, eine Abnahme der Leitungsgeschwindigkeit und eine Suppression der diastolischen Spontandepolarisation. Die kardiale Kontraktion wird konzentrationsabhängig geschwächt.

Der zeitliche Ablauf und das Ausmaß der elektrophysiologischen Änderungen werden wesentlich durch die Geschwindigkeit der Ausbildung einer Hypo- bzw. Hyperkaliämie beeinflusst. Bei sich langsam einstellenden Konzentrationsänderungen können die EKG-Veränderungen gering sein. 

EKG Kalium

Abb.: Zu den EKG-Veränderungen bei Hypokaliämie gehören: 

  • die Ausbildung von U- bzw. TU-Verschmelzungswellen (die positiv oder auch negativ sein können) sowie eine
  • Verlängerung QT/QTc-Dauer.

Bei einer Hyperkaliämie findet sich

  • eine Zunahme der QRS-Dauer und
  • eine Verkürzung der QT-Zeit mit hohen T-Wellen.

Bei einem Anstieg der Serum-Kaliumkonzentration auf >6,0 mval/l stehen Leitungsverzögerungen in allen Abschnitten des Leitungssystems im Vordergrund. Die PQ-Zeit nimmt zu. Eine bedeutsame Verbreiterung des QRS-Komplexes als Ausdruck einer zunehmenden intraventrikulären Leitungsverzögerung tritt bei Serum-Kaliumkonzentrationen oberhalb von 7,0 mval/l auf. 


EKG Hypokaliämie

Abb.: Schwere Serum-Hypokaliämie (Kalium: 2,5 mmol/l) und Sinusbradykardie. In den Brustwandableitungen V1 bis V4 zeigt sich eine biphasische T-Welle, an die sich eine U-Welle mit niedriger Amplitude anschließt. Bei der Messung des QT-Intervalls wird die U-Welle nicht berücksichtigt. Das Ende der T-Welle ist nur in den Ableitungen V5 und V6 sicher zu bestimmen - hier ist die T-Welle positiv. (Vergrößern durch Anklicken).

Veränderungen der Magnesium-Serumkonzentration

Bei schwerer Hypomagnesiämie wurden spitzhohe T-Wellen und ST-Streckensenkungen als „typische“ EKG-Veränderungen beschrieben. Hiergegen ist einzuwenden, dass ein Magnesiummangel meist mit anderen Elektrolytdefiziten, insbesondere Hypokaliämie, einhergeht. Eine Trennung der verschiedenen Einflüsse auf das EKG ist im Allgemeinen nicht zuverlässig möglich. Elektrokardiographisch ist unter einer Hypermagnesiämie eine Zunahme der AV-Überleitungszeit (PQ-Intervall) in Abhängigkeit vom Kaliumspiegel im Serum nachweisbar.

Veränderungen der Kalzium-Serumkonzentration

Die EKG-Veränderungen bei einer Hypo- bzw. Hyperkalzämie sind meistens nur gering ausgeprägt. Bedeutsame Veränderungen setzen eine erhebliche Verminderung bzw. Erhöung der Kalziumkonzentration voraus.

EKG Kalzium

Abb.: Eine Hypokalzämie führt zur Verlängerung der kardialen Aktionspotentialdauer. Im EKG sind QT- bzw. QTc-Zeit verlängert.

 

Hyperkalzämie: Eine Hyperkalzämie führt zu einer Abnahme der Dauer des Aktionspotentials. Im EKG sind QT- bzw. QTc-Zeit (frequenzkorrigierte QT-Zeit) verkürzt.

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Literatur