Erworbene QT/QTc-Verlängerung und Torsade de Pointes

Zu den Medikamenten, die ein erworbenes langes QT-Syndrom mit oder ohne Torsade de Pointes auslösen können, gehören nicht nur repolarisationsverlängernde Antiarrhythmika (Amiodaron, Sotalol, Dronedaron), sondern auch zahlreiche andere Pharmaka, von denen man lange Zeit nicht wusste, dass sie kardiale Effekte aufweisen (siehe unten).

EKG

Die resultierende QT/QTc-Verlängerung ist bei niedrigen Herzfrequenzen besonders stark ausgeprägt. Die EKG-Veränderungen entsprechen denen eines angeborenen langen-QT-Syndroms vom Typ 2.


Abb.: 73-jährige Patientin mit exzessiver QT/QTc-Verlängerung (540/590 ms) unter Sotalol (2x160 mg/Tag) und gleichzeitig bestehender Serum-Hypokaliämie (Kalium: 2,2 mmol/l). In den Brustwandableitungen finden sich "gigantische" TU-Verschmelzungswellen. Rezidivierende Synkopen, am ehesten durch Torsade de Pointes bedingt (Abb. unten), führten zur Einweisung in ein Krankenhaus. Begleiterkrankungen: Aortenstenose III. Grades, Z. n. Aorto-koronarer Bypass-Operation bei 3-Gefäß KHK, chronische Niereninsuffizienz. 

Abb.: Exzessive QT/QTc-Verlängerung unter Therapie mit Amiodaron. Die Vermessung des QT-Intervalls fällt schwer. In Ableitung III scheint die T-Welle abgrenzbar. In den Brustwandableitungen dominiert eine der T-Welle nachfolgende U-Welle. In solchen Fällen sollte der Serum-Kaliumwert kontrolliert werden. In der Regel ist eine Dosisreduktion oder gar ein Absetzen von Amiodaron notwendig, da die Gefahr besteht, dass Rhythmusstörungen vom Typ der Torsade de pointes auftreten. 50 mm/s. Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Prof. Dr. Lars Eckardt, Münster.

EKG Torsade de Pointes VES
EKG Torsades de Pointes Kammertachykardie

Abb.: Der nicht-anhaltenden Episode von Torsade de Pointes gehen Extrasystolen voraus. Die Morphologie der Rhythmusstörung ist typisch. Ähnliche, aber länger anhaltende Episoden, dürften die Synkopen verursacht haben. 50 mm/s.

Langzeit-EG Torsade de Pointen

Abb.: 77-jährige Patienten mit kurzen Episoden von Torsade de Pointes unter Therapie mit Citalopram und Risperidon. Anlass zur Registrierung des Langzeit-EKGs waren Schwindel und eine stattgehabte Synkope gewesen. 25 mm/s.

EKG Exzessive QT Verlängerung

Abb.: Gleiche Patientin wie oben. Im unteren Teil der Abbildung sind zwei QRS-Komplexe markiert. Bei einem bradykarden Grundrhythmus liegen die absolut gemessene QT-Dauer und die frequenzkorrigierte QT-Dauer nah beieinander (510 bzw. 490 ms). Bei dem nach einer Pause von 2 Sek. auftretenden Schlag beträgt die absolute QT-Dauer 700 ms, der frequenzkorrigierte Wert nur 500 ms. Dieses Beispiel zeigt die Schwächen der Formeln, die für die Frequenzkorrektur eingesetzt werden. 25 mm/s.

Risikofaktoren

Nahezu immer finden sich bei Medikamenten-bedingten Torsade de Pointes zusätzliche Risikofaktoren, die zu der QT/QTc-Verlängerung beitragen. Hierzu gehören:

  • Weibliches Geschlecht
  • Bradykardien (Sinusbradykardien, intermittierender Sinusknotenstillstand, höhergradige AV-Blockierungen, d. h. AV-Block 2. und 3. Grades, relative Bradykardien durch kompensatorische Pausen nach Extrasystolen)
  • Elektrolytstörungen (Hypokaliämie, Hypomagnesiämie)
  • Myokardiale Hypertrophie (zum Beispiel bei arterieller Hypertonie) und Herzinsuffizienz
  • Hohe Plasmakonzentrationen (bei Überdosierung, bei Intoxikation oder auch bei normaler Dosierung, aber gleichzeitiger Hemmung des Metabolismus und/oder der Ausscheidung (zum Beispiel Nieren-, Leberinsuffizienz, Hemmung der Metabolisierung durch eine entsprechende Begleitmedikation) oder auch durch eine schnelle Injektions-/ Infusionsgeschwindigkeit bei intravenöser Gabe)
  • Begleitmedikation mit anderen repolarisationsverlängernden Pharmaka
  • Eine vorbestehende EKG-Veränderungen, z. B. in Zusammenhang mit einem  angeborenen langen QT/-Syndrom (QT-Syndrom (Romano-Ward-Syndrom, Jervell-und-Lange-Nielsen-Syndrom)

Betroffene Medikamentengruppen

Zahlreiche unterschiedliche Medikamentengruppen sind betroffen, so z.B. Antiarrhythmika, Antibiotika (Makrolide, Fluorchinolone), Antihistaminika, Antidepressiva, Neuroleptika, etc. Eine ausführliche Liste der betroffenen Medikamente findet sich unter www.torsades.org.

Literatur