Goldberger-Ableitungen

Hintergrund der Einführung der Goldberger-Ableitungen war, hierdurch eine Erweiterung des Einthoven’schen Systems im Sinne einer verbesserten "räumlichen" Auflösung des EKGs in der Frontalebene zu schaffen und nicht streng bipolar, sondern bevorzugt mittels einer explorierenden Elektrode abzuleiten.

Die Goldberger-Ableitungen wurden 1942 eingeführt. Es werden dieselben Elektroden wie für die Registrierung der Einthoven-Ableitungen verwendet. Die explorierende Elektrode leitet jeweils gegen die beiden anderen, zusammengeschlossenen Extremitätenelektroden (sog. indifferente Elektrode) ab; es resultiert eine "pseudounipolare" Ableitung. Die Goldberger-Ableitungen stellen eine Modifikation der "unipolaren" Extremitäten-Ableitungen nach Wilson dar, die 10 Jahre früher eingeführt wurden. Wilson schloss die drei Extremitätenableitungen über hochohmige Widerstände zusammen (Wilson´sche Sammelelektrode) und leitete mittels zusätzlicher an den Extremitäten platzierten Elektroden gegenüber dieser indifferenten Elektrode ab (VR, VL, VF). Die Signalamplituden waren aber so klein, dass dieses Ableitungssystem keine wesentliche klinische Akzeptanz erreichte. Durch die geänderte Verschaltung erreichte Goldberger um ca. 50% höhere EKG-Ausschläge. Das "a" vor aVR, aVL und aVF bedeutet "augmented" (verstärkt).

 

Für das Spannungsverhältnis der Elektroden untereinander gilt: aVR + aVL + aVF = 0. Moderne EKG-Geräte verwenden als indifferente Elektrode die Wilson´sche Sammelelektrode und gleichen die resultierenden niedrigen Amplituden durch spezielle Algorithmen aus. 

Tab.: Ableitungen nach Goldberger. Platzierung der Elektroden und bevorzugt abgebildete Herzregionen.

 Ableitung Elektrodenposition  Herzregion
Ableitung aVR rechter Arm (positiv) / linker Arm und linkes Bein (negativ) rechtsventrikulärer Ausflusstrakt und basales Septum
Ableitung aVL
linker Arm (positiv) / rechter Arm und linkes Bein (negativ) laterale Anteile des linken Ventrikels
Ableitung aVF linkes Bein (positiv) / linker und rechter Arm (negativ) inferiore Anteile beider Ventrikel

Hexaaxiales System der EKG-Ableitungen

Werden die Ableitungen nach Einthoven und nach Goldberger geometrisch gemeinsam berücksichtigt, ergibt sich das hexaaxiale System von Ableitungen in der Frontalebene.  

EXK Goldberger Ableitungen

Abb.: Herleitung des hexaaxialen Ableitungssystems durch Ergänzung der Einthoven-Ableitungen durch die Ableitungen nach Goldberger (linke Abbildung). In der rechten Abbildung sind die Einthoven- und Goldberger-Ableitungen übereinander projiziertDie Winkeleinteilung ist willkürlich festgelegt. Das hexaaxiale System der Ableitungen ist Grundlage des Cabrera-Kreises

Klinischer Stellenwert

Die Goldberger-Ableitungen werden bei der EKG-Auswertung im Alltag oft stiefmütterlich behandelt, d. h. ihnen wird relativ wenig Beachtung geschenkt, obwohl sie eine wichtige diagnostische Bedeutung haben. Diagnostisch eingesetzt werden die Goldberger-Ableitungen bei

  • der Bestimmung der elektrischen Herzachse
  • der vektoriellen Deutung des EKGs (Ausbreitung nach links oben (Ableitung aVL), nach rechts oben (Ableitung aVR) und nach unten (Ableitung aVF)
  • der vektoriellen Deutung des EKGs (Ausbreitung nach links oben (Ableitung aVL), nach rechts oben (Ableitung aVR) und nach unten (Ableitung aVF).       

Literatur

Links

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